Traum/Überwindung des Trotzes 27.4.2013

„…Ich bin in einem Supermarkt und bummle dort herum, kaufe eine Kleinigkeit. An der Kasse habe ich das Gefühl, mir wurde zu viel herausgegeben. Ich hatte nur noch wenig Geld, ein oder zwei  Münzen, und ich wusste auch nicht genau, was ich zu bezahlen hatte. Insgeheim freute ich mich über die Kleinigkeit und ließ es so. Halb hüpfend halb gehend lege ich den Weg nach Hause zurück und bummle dabei weiter in den Tag hinein, wobei es doch auch etwas mühselig ist, da ich mich nur schwer fortbewegen kann. Es ist wie eine unsichtbare Wand oder die Beine gehorchen auf einem Teil des Weges nicht so.

Zuhause angekommen laufe ich eine massive, eher breite Außentreppe hoch. (da ist es wieder ganz leicht, mich zu bewegen)  Die Familie wartet in der Wohnung mit dem Frühstück. Die Mutter  fragt von weitem, ob ich an die Kekse/Kuchen/Leckerei gedacht hatte. Sofort schoss es mir in den Kopf, oh nein! Ich hatte vergessen es mitzubringen, für sie alle! Sie warteten doch drauf,  freuten sich drauf! Ich fühlte mich schrecklich und auch schuldig. Ohne eine Antwort zu geben machte ich auf dem Absatz kehrt, und sprang die Stufen wieder hinunter, gleich zwei auf einmal. Ich wollte ohne Zögern diesen ganzen beschwerlichen Weg zurück in den Supermarkt gehen/eilen, um es zu holen.

Meine Mutter rief mir hinterher und sagte, „warte, brauchst Du doch nicht!“ Mehrere Male rief sie…Irgendwann hielt ich inne und dachte, dieser Trotz sei auch dumm, und ich würde doch den anderen erheblichen Schaden zufügen. Sie sagte doch, es sei ok, und in ihrer Stimme war das auch zu hören, sie meinte es aufrichtig, – es war ok! Ich kämpfte mit meinen Schuld- und Schamgefühlen, mit meinem Versagen und wollte vor der ganzen Situation wegrennen. Aber diese lieben Worte und dazu das Bild, dass meine Familie auf mich wartete und einfach nur mit mir zusammen sein wollte, zerrte mich in eine andere Richtung, es war furchtbar!

Schließlich gab ich auf, ich musste mich der Situation stellen, wusste aber nicht wie, setzte mich auf die Stufen und weinte. Die Mutter kam, mich zu trösten. Ich war so dankbar…“

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Gedanken nach dem Traum – Er kam zwar am Anfang leichtfüßig daher, aber dieses Ende schaffte mich. Ich war aufgewühlt, stark berührt als hätte ich diesen Kraftakt, dem Trotz zu trotzen, in den Knochen. Diese Eindruck blieb noch viele Tage, bis es sich allmählich löste.

Kurzversion – Der Weg ist das Ziel / Zuhause ist zuerst ein Gefühl, dann ein Ort.

 

Langversion

Das Versprechen, das ich mir selbst gab – Heimkehr, Vergebung, Zuhause, Geborgenheit, Willkommen Sein – ohne Gegenleistung, eben nichts mitbringen, nichts leisten müssen, mit leeren Händen kommen. Denn was fehlte, waren diese Gefühle, der innere Zustand. Woher nehmen, wenn nicht….jeden Tag ein bisschen schummeln.

Mir selbst ein Zuhause zu geben, mich dort zu empfangen hieß, bedingungslose Liebe & Selbstliebe mitzubringen. Wenn ich solche Worte hörte, klang es in meinen Ohren wie Gewäsch, und Verklärung. Ein wenig Mitleid und Verachtung schwang auch mit für Menschen, die davon abhängig zu sein schienen oder meinten, diese Heuchelei toll zu finden und zu brauchen. Dabei fiel ich meiner eigenen Heuchelei und Verklärung zum Opfer, ohne Essens und ohne Speisung auszukommen. Und ich braucht es so dringend, jedoch das Original, keinen Ersatz.

Die Sehnsucht nach diesem Ort war einerseits sehr konkret, aber ein konkreter Traum. Andererseits diffus, ohne Worte, unerreichbar. Einerseits suchte ich verbissen und verzweifelt nach diesem Zuhause, glaubte aber nicht daran, konnte auch nicht dran glauben. Einem Ergebnis waren Gründe manchmal egal, waren es doch im Grunde zwei gegensätzliche Bewegungen. Sie ergaben im Geiste so etwas wie einen epileptischen Daueranfall. Lieber stürzte ich die Treppen hinunter, brach mir Kopf oder Beine, verzichtete auf eine wahre Speisung, als mich etwas Wahrhaftigem auszusetzen. Lieber nahm ich die Beschwerlichkeit des Daseins in Kauf, jene innere Heimatlosigkeit und Herum-streunerei, als aufzugeben und mich zu erweichen.

Es herrschte ein kontroverses, widersprüchliches Gefühl im Inneren, das nicht logisch war, wie dieser Traum einerseits zeigt. Aber wenn ein Gefühl herrscht, dann herrscht es und folgt seiner eigenen Logik. Ich konnte es auch Selbstboykott nennen. Die Gründe hierfür waren erst einmal egal, ich musste nur erkennen, was für ein Spiel ich mit mir selbst trieb. Zu dem undurchsichtigen Treiben gehörte auch

Das Spiel auf Zeit –

Trödeln, mit dem Kopf in den Wolken sein. Ich perfektionierte eine unauffällige, leichtfüßige Unachtsamkeit, mit der ich mir Probleme schaffte, um die ich mich dann kümmern konnte. Mit diesem Traum galt das Detail des Tages, es galt, anzufangen mit etwas aufzuhören, egal womit. Etwas das oben lag, greifbar war, und wenn es ein Gedanke war, eine Idee, eine Struktur, ein Ablauf, es gab schließlich genug Auswahl.

Im Unterbewusstsein waren,

zu viele schadhafte Dinge verankert, die ich unbewusst umsetzte. Diese Dinge und ihr Charakter, ihr Wesen, drangen nie ins Tagesbewusstsein vor. Wiederum kam jeder Traum aus dem Unterbewusstsein und war an selbiges adressiert. So erlebte der Teil, der näher an der Oberfläche war, die Träume auf eine Art mit, las mit, verstand all diese Botschaften und setzte alles daran, dass ich sie umsetzte. Auf diese Weise konnte ich die anderen Dinge nicht mehr umsetzen, oder real werden lassen. Der böse Geist blieb in der Flasche. Es ging nur eines zur Zeit.

Wie das Unterbewusstsein wirklich aufgebaut ist bleibt ein wunderschönes Rätsel, aber es kann nur ein hochkomplexes Gebilde sein. Der Traum „Schmerz ist weiß“ gab mir das Bild eine tiefen Meeres an die Hand.

Zum Teil wusste ich nicht was ich tat, erkannte den Charakter meines Denkens, Tuns und Unterlassens nicht. Zum Teil nahm ich das Schadhafte billigend in Kauf. Trotzdem war mir nicht bewusst, dass ich damit das Schwinden meiner Lebenskräfte und Ressourcen in Kauf nahm. In diesem Traumkontext knapp bei Kasse zu sein, war kein gutes Zeichen. Die Beschwerlichkeit, quasi im Widerstand in Richtung nach Hause unterwegs zu sein, war keine Schlaflähmung, sondern eine Lebenslähmung. Und ein Alltagsgefühl, das kaum noch auffiel. Doch dieses Schwergängige kam nicht überall vor. Während es an der einen Stelle im Inneren eine Warnung war, eine Information, erreichte mich ein beunruhigendes Gefühl.

Im Supermarkt des Lebens gingen noch andere Dinge vor sich. Neben dem Weg nach Hause verpasste ich jeden Tag den eigenen Wert, die eigene Wahrheit und meine wahre Integrität und Identität. Natürlich nicht so plump wie in diesem Traumsupermarkt. Andererseits war es sehr wohl so plump, ich verkaufte mich selbst für dumm und zahlte auch selbst die Zeche. Doch ich musste damit rechnen, dass auch bei einem anderen die Kasse nicht stimmte.

Keine Verharmlosung sondern eine Brücke

Dieser Trotz war ein schönes Wort, ein für die Zeit angemessenes. Denn darauf war ich in der Lage zu reagieren, das Wort stellte eine Verbindung her, es berührte mich und versöhnte mich auf eine Art mit dem etwas unerklärlichen emotionalen Stress. Auch wenn ich noch lange nicht alles verstand, so verstand ich jetzt einen gewissen Ernst der Lage, der auch händelbar war. Anderen Begriffen oder Bildnissen stand ich nicht hilflos, ablehnend oder widerstrebend gegenüber. Begriffe wie Zwang oder Dämonen tauchten erst Jahre später auf, als ich bemerkte, was inzwischen alles nicht mehr da oder vorbei war.

Mit aller Gewalt gegen die Selbstgewalt

Egal was für Gründe und Ursachen es gab, diesen Bann einer emotionalen Logik musste ich aus mir heraus brechen und das Leben wartete auf meine freiwilligen Entscheidungen. Es ging um einen Reflex/Automatismus des Selbstschadens, der so viele Gesichter hatte. Einerseits herrschte ein Gefühl, etwas tun oder denken zu müssen. Andererseits nahm ich es nicht wahr, es blieb in weiten Teilen unsichtbar.

Wofür bzw. wogegen ich mich in diesem Traum wirklich entschieden hatte, nach so viel Zeit des Trödelns, Ablenkens und Aufschiebens, welcher Umfang und welche Kraft inzwischen dahinter steckte, das wusste ich nicht. Aber ich fühlte es. Danach entstand auf dieser Treppe aus unechtem Trotz echter Trost. Ein weiteres vermisstes Gefühl, das wieder Einzug halten konnte.

2022-02-07T00:39:01+01:00