2015: Ungebetene Gäste

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2015: „Ungebetene Gäste:“

…Glaube ich kam gerade von draußen zurück in meine Wohnung. In meinem realen Wohnzimmer saß ein Trupp von Leuten, die sich offenbar selbst eingeladen hatten. Die Situation war seltsam, überraschend, ich war ein wenig wie vor den Kopf gestoßen aber es wirkte nicht bedrohlich. Sie saßen einfach nur da. Die meisten kannte ich nicht, da war eigentlich nur ein Kollege von der Arbeit, der mir auffiel. Ein großer Typ, fast 2 Meter, jemand, der immer den Schalk im Nacken hatte, er war eigentlich freundlich und umgänglich, hatte für mich auch immer einen lockeren Spruch parat.

Ein kurzer Gedanke blitzte plötzlich auf, eher eine Unstimmigkeit, ein ungutes Gefühl. Als sei sein Verhalten mir gegenüber auf dem Prüfstand, als hörte ich nun etwas heraus, was ich vorher nicht spüren konnte. Dass seine Sprüche im Beisein anderer vielleicht doch immerzu auf meine Kosten gingen, er mir immer ein wenig zu nahe kam als unser Verhältnis hergab. Egal was es war, ich kannte aber dieses diffuse wie klare Gefühl, dass etwas nicht stimmte.

So saßen sie alle schweigend da, eine ziemlich stille Party. Es war seltsam und ich wusste das nicht einzuschätzen. Kamen sie aus persönlichem Interesse, aus Wertschätzung zu mir, sollte ich mich freuen, dass sie mir einen spontanen Besuch abstatteten? Ganz weit im Inneren wusste ich, das war ein bekanntes, normales, gewohntes Gefühl aber etwas kollidierte gerade damit. Aber egal, sie schienen ja friedlich zu sein. Szenenwechsel

Als sie wieder weg waren, entdeckte ich die Sauerei, die sie mir hinterlassen hatten, besonders im Badezimmer. An den sanitären Anlagen klebten Fäkalien und Blut. Ich war geschockt, entsetzt und fassungslos, dass meine Gastfreundschaft so missachtet wurde. Da war ein weiterer Kollege, den ich besser kannte als die anderen, dem ich auch vertrauen konnte. Denn er vertraute auch mir, erzählte auch von sich, hatte mir noch nie einen Spruch um die Ohren gehauen. Er wirkte wie übergeblieben, hatte mit den anderen scheinbar nichts zu tun. Als stand mir jetzt in der Sache bei, oder ich hoffte es zumindest. Hilfesuchend sah ich ihn an, als brauchte ich einen Zeugen. Aber er schaute ziemlich ratlos und fast unbeteiligt drein, dass es mich irritierte. Er bedeutete mir, er könne da jetzt auch nichts machen.

Ich hatte den leisen Verdacht, dass er etwas mit der Sache zu tun hatte – anstatt der anderen. Das Empfinden an dieser Stelle bzw. Schwelle zum Aufwachen aus dem Traums war unangenehm, ich konnte es nicht zuordnen.

 

Das vornehme Wort für Eindringlinge.
Aber so weit war ich eben lange noch nicht, um zu erkennen, dass ich quasi befallen war. Als ich mich nach Jahren dem Traum näherte, das heißt, er näherte sich mir, indem er mir wieder einfiel, jonglierte ich unter anderem mit dem Wort Heimsuchung. Ich fand allmählich die Worte, fand die Zusammenhänge, die in so manchem „Szenewechsel“ eines Traumes verloren gingen. So auch hier. Und doch waren das meistens nur die kognitiven Umrisse, sie waren so zwiespältig wie alles andere. Und ich hatte die Macht und die Aufgabe, aus dem Zwiespalt eine Einheit zu bilden. Das Erkennen mit dem Auge des Verstandes war keinesfalls so minderwertig, wie das Wort „nur“ es vermuten lässt. Im Gegenteil, dahinter steckte ein jedes Mal ein Maß an Veränderung des Bewusstseins, was fehlte war die Betroffenheit darüber hinaus. Das Auge des Verstandes war/ist eben,  was es ist. Ein Teil. In diesem Fall ein Teil der Lebensgeschichte, oder der Teil der Geschichte, mit dem sie so stehen bleiben würde, sich der Moment des Traumes fortschreiben würde. Trotz aller Erkenntnis. Das war der Zwiespalt, dieses Auge des Verstandes als das Maß der Dinge anzusehen, ein Zwiespalt, der sich gut anfühlte, mir wie ein Sieg vorkam. damit konnten die Dinge jedoch weiter ihr Unwesen treiben. Mit einem anderen Teil musste ich mich entschieden, weiter zu gehen.
Wenn etwas im Bewusstsein einschlug und wahrlich die Kraft hatte etwas zu verändern, zu verrücken, in welche Richtung auch immer, dann das dazugehörige Gefühl. So ein Gefühlseinschlag war dann auch ein weiterer Bewusstseinseinschlag, solche Einschläge waren nicht  ungefährlich. Dieses  dieses Prinzips sah ich in dem Traum „Die Einer“, als zwei Dinge vom Himmel fielen und eine weitreichende Erschütterung auslösten.

So ist Bewusstsein nicht entweder oder, sondern sowohl als auch. Das klingt einfach, aber ich stieß mit dem Kopf immer wieder gegen diese unsichtbare Schallmauer, und in weiteren Situationen ist es nach wie vor so. Denn der Kopf verlangt nach Eindeutigkeit, einerseits ist es unerlässlich, um das Leben zu meistern. Ich kann nicht an zwei Orten gleichzeitig sein, entweder an der Klippe oder einen Schritt drüber. Entweder morgens aufstehen oder liegenbleiben. Andererseits überfordert es den Kopf, diese Komplexität zu händeln, sie neben der Eindeutigkeit existiert. Einerseits zu Recht. Es fehlte an Übung, es fehlte an Wissen, was wann ist. Andererseits machte es meinem Kopf keine Schwierigkeiten, sich selbst und mich in Widersprüche zu verwickeln, in Tricksereien, Schummeleien, die weder das eine noch das andere waren, weder Wahrheit noch Lüge, sondern im Prinzip ein überbordender Bullshit, meine innere Parallelwelt. Mir war nie bewusst, dass ich durch meine psychischen Schutzprogramme wie ein Junkie war, der die Dinge, wie sie wirklich sind, vor sich selbst verbergen muss. Ich hielt diese kognitive Kreativität für Schlauheit und Bewusstsein, und die Flexibilität meiner Beurteilungen für Selbstreflexion.
Auch die geistige Welt ist unsichtbar und läuft parallel, aber etwas macht den Unterschied. Es gab die Realität und meine Realität.

Der Traum entließ mich mit einem tabuisierten Gefühl. Ziel erreicht. Ich wollte gerne wieder nicht hinsehen, aber die Sauerei im Badezimmer war jetzt unübersehbar. Etwas Neues stand im Raum. Und dann tauchte jemand auf, dem ich das nicht zutraute, es nicht ertragen könnte, wenn er es war. Denn dann fühlte ich mich verraten, belogen, betrogen. Denn dort bin ich.

Das Realisieren des Tabus
Das Realisieren der Realitätsverweigerung

Dieser Traum war nun einer von den vielen Geschossen, die sich auf den Weg machten, um bei mir einzuschlagen. Doch wenn sie mich so direkt trafen, würde ich daran entweder zerbrechen oder sie vorher abwehren, abschießen. Und damit wäre die Chance auf einen Bewusstseinsanteil verloren, der wieder Teil oder Baustein des Ganzen war, der andere Dinge vorbereitete. Zumindest war diese Chance für eine lange Zeit dahin, Zeit, die im Geiste endlos ist, aber nicht für meinen Körper. So machte ich mich für jedes dieser Geschosse auf den Weg an einen Ort, an dem ich mit diesem Einschlag – aus geistiger Sicht – überlebte und klarkam. Meine Psyche und meine Gefühlswelt gerieten jedes Mal aus den Fugen und ich brauchte Zeit und Energie, um wieder klarzukommen. Am Ende behielt die geistige Perspektive Recht, verschwieg mir aber jedes mal den Weg dahin. Und das war der einzige Weg, um es zu schaffen, weil ich es im Prinzip schon geschafft hatte.
So markierte dieser Traum den Anfang vom Ende meines Traumes …vom eigenen Wohnzimmer. Nein, über mein Leben hatte ich keine Kontrolle. Ich wohnte nicht allein, später musste ich weiter präzisieren. Es war etwas Feindliches, das so tat als wäre es mein Besuch. Es war nicht ständig da, aber tauchte immer wieder auf wie es ihm beliebte. Etwas hatte sich unbefugt und auf unerklärliche Weise Zutritt verschafft, ich musste das so hinnehmen und es endete immer auf dieselbe Weise. Mit meinem Schaden aus Ekel, Abfall, Schmutz, Demütigung und mit meiner Duldung und Kooperation. Die Vergangenheit war immer da, immer präsent, nach außen in anderer Gestalt. Und nun sah ich, wie es innen wirklich aussah. An diesem Traum war sofort alles abzulesen, aber ich brauchte eben noch Zeit.

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2022-10-18T17:31:17+02:00