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1001 Traum II2024-01-03T23:45:42+01:00

„Die Welfin“

In jenem Traum begegnete ich  – in gebührendem Abstand – einem unbekannten Tier. Der Ort, den ich aus irgendeinem Grunde aufsuchte und mich dort umsah, befand sich „draußen“, abseits des Geschehens, und am Anfang der Wildnis. Der Ort war für mich ein wenig „unkommod“(Original Wortlaut im Traumbericht), unbequem. Der Boden zu meinen Füßen war uneben, erdig, steinig, teils matschig. Da ich mich gerade von einer Feier abgesetzt oder von einer feinen Gesellschaft entfernt hatte, waren meine hübschen Schühchen etwas fehl am Platze. Aber nicht ich.

Ich schwankte noch, ob ich es riskieren sollte, sie schmutzig zu machen. Aber egal, wenn ich schon mal hier war…. (Entscheidung) 

Und dann tauchte sie auf, die Welfin. So lautete die nonverbale Information im Traum und ich hatte mich nicht „verhört“, hatte es nicht falsch verstanden. Und nicht umgedichtet, obwohl ich einen solchen Namen nicht zuordnen konnte. Sie sah aus wie ein großer Hund, doch es handelte sich ganz klar um ein Wildtier. Sie war jedoch kein Wolf. Und ich wusste, sie tat mir nichts, sie war eher scheu. Traumende 

Alltagsdenken, Korrektur in einen passenden, angenehmen Sinn, Erwartungshaltung

– die Zutaten, um niemals eine solche Begegnung zu haben. Wenn ich mir nun festes Schuhwerk anzog, um die Welfin zu treffen – würde sie sich nicht blicken lassen. Auf sie konnte mich nie vorbereiten und es würde auch eigentlich immer unpassend sein.   

Die Träume waren immer faszinierend und wirkten, ohne dass ich es anfangs in Worte fassen konnte, wie Balsam. Von Anfang an spürte ich, dass sie mir gut taten, bzw. sie mir nichts taten, aber sehr viel für mich taten. Ihnen traute und vertraute ich von Anfang an, mir selbst jedoch nicht. Und davon hatte ich keine blasse Ahnung und es brauchte einen Unterbau, um das irgendwann erkennen zu können. Das Vertrauen in mich selbst sowie den Glauben an mich selbst war das, was die Träume aufbauten. Erst ab einem gewissen Punkt- oder geistigem Ort – konnte ich realisieren, was ich da aufbaute. Und was fehlte, weil ich es irgendwann verloren hatte und im Verlauf des Lebens diesen inneren Hohlraum immer mehr ausbaute. Erst dann erkannte ich auch die Gefahr, die dieser unentdeckte Hohlraum mit sich brachte.  

Die Welfin ist das Symbol dafür, dass ich meiner Wahrnehmung (wieder) traute, dass ich Dinge zur Kenntnis nahm, die ich nicht oder nicht sofort zuordnen konnte. So schrieb ich nach einer gewissen Zeit konsequent kleinste und scheinbar unsinnigste Details aus den Träumen auf. Anfangs glättetet ich tatsächlich, korrigierte hier und da. Kosmetik und Masken waren in anderen Träumen selbstverständlich vertreten.

Zeug, Zeugnis, Überzeugung, Übermalen

Ein Teil dieser Kosmetik war Ausdruck des „vollautomatisierten Selbstbetrugs“, ein anderer Teil war schlicht Besserwisserei. Noch ein weiterer Grund war – ich unterschätzte den Informationsgehalt des Unterbewusstseins sowie dessen Sprache. Ich wollte alles in meiner gewohnten Sprache hören und greifbar haben. Dabei war ich darauf angewiesen, mir selbst der beste, glaubwürdigste und neutralste Zeuge zu sein. Verlässlich und objektiv wie eine Kamera. Flexibel und standfest zugleich, unerschütterlich, unbestechlich, präzise und sehr aufmerksam, wachsam. Doch weder ängstlich noch angespannt, weder abschweifend noch vorausschauend……

Ein Spagat, eine Unmöglichkeit und auf eine Art auch ein Paradox, schließlich geht es doch um das eigene Leben, um Emotionen…

In vielen, nein sehr vielen Träume hatte ich das Empfinden, als beträfe mich das alles nicht, als hätten sich die Träume in der Adresse geirrt. Zum Teil war dies dem großen inneren Abstand geschuldet, der Bezugslosigkeit, den Bewusstseinslücken. Zum Teil entstand dieses Empfinden aus dem Traumaufbau selbst. Themen, die sehr nahe gingen, waren am besten aus sicherer Entfernung zu betrachten. Oder anders – die Nicht-Betroffenheit ermöglichte nicht nur eine schonungslose Betrachtung, sie ermöglichte sie überhaupt. Die dazugehörigen Emotionen riefen die anderen hervor – die vielen verschiedenen Protagonisten, bekannt oder unbekannt, die Kulissen, die keinen Bezug zu mir hatten.

DIE

WELFIN

 

DIE

WELFIN

 

WELFIN

 

DIE

WELFIN

 

 

 

 

 

 

 

Diese Zeugenarbeit war das Größte, was ich für mich tun konnte. 

 

 

Die Träume – das war und bin doch ICH, die kommen doch nicht von außen – die Träume sind doch der Teil meines Bewusstseins und meines Lebens, zu dem ich sonst keinen Zugang habe...

Was ich durch sie gesehen und geschrieben hatte, war meine Konstante. Meine glaubwürdige, über jeden Zweifel erhabene Konstante. Egal, wie viele Monate oder Jahre später ich bereit war, darauf zurück zu kommen…