Traum/Unbewohnbar März 2014

Foto: Privat

„….Ein Café, ich weiß nicht genau welche Rolle ich einnehme, teils Beobachter, teils auch hinter dem Ladentresen. Ein Überfall – ein maskierter Mann mit Pistole stürmt herein, hält die Menschen in dem Café in Schach. Es sind nur wenige Gäste anwesend. Ich beobachte, wie eine Frau, die außerhalb des Blickfeldes des Täters gerät, diese Gunst der Sekunde ergreift und aus dem Haupttraum flieht.

Sie klemmt sich hinter einen Wandvorsprung oder einen großen Kühlschrank, geht dort in Deckung. Schüsse gehen um Haaresbreite an ihr vorbei. Glaube, diese Szene wird wiederholt oder auch verändert. Es wird jetzt detailliert gezeigt, wie die Kugeln in Zeitlupe an ihrem Gesicht vorbei “wandern“  – und sie verfolgt sie wie in Echtzeit mit den Augen, sie wird des Schreckens gewahr.

Szenenwechsel

Blick auf dieses weiße Haus von außen, ein kleines Schmuckstück in einer Reihe von anderen Häusern, aber kleiner als die anderen. Dieses Café war so etwas wie eine Institution, ein Zuhause, ein richtiger Ort. Nun muss sich die Betreiberin nach etwas Neuem umsehen, denn nach dem Überfall ist es unbewohnbar geworden, unbenutzbar. Etwas Größeres soll es nun sein, von irgendwo kommt diese Vorgabe. Sie ist gefühlt umgeben von Menschen oder Wesen, die ihr helfen. Sie bekommt jede Unterstützung, etwas Neues zu finden.“

Kurzversion: Deformation eines Körpers nach einem lebensbedrohlichen Angriff

Aufgrund dieser inneren Verbiegung entließ mich der Traum noch mit vielen Fragezeichen. Was war das für ein Café, wer waren die Personen dort, ich kannte sie alle nicht. Und wieso war ich es, die sich plötzlich ein neues Haus suchen musste? Den Zusammenhang verstand ich nicht, ich verstand lange nicht, warum diese Räumlichkeiten unbewohnbar wurden, warum ich fort musste, warum ich kein Zuhause mehr hatte, oder was es bedeutete, dass ein anderer Körper als der sichtbare, materielle Körper getroffen wurde.

Bei dem Café hätte es allerdings klingeln müssen, so weit weg von den körperlichen, sichtbaren Umständen war das nicht…

Aber das gute Gefühl, Unterstützung und Hilfe zu bekommen, mir ein Neues zu finden, war das letzte Gefühl dieses Traumes. Und blieb auf seine Weise das erste. In diesem guten Gefühl schwang so etwas wie Anerkennung mit, Anerkennung für diese missliche Lage aber vor allem, und dafür hatte ich lange weder Worte noch einen Blick, lag darin Schuldlosigkeit. Ich hatte an dieser Situation keinerlei Schuld.

Dieser Traum zeigte quasi die maximale Dehnung eines Ereignisses auf kleinstem Raum. Einerseits verhüllt der Traum, was er zeigt. Um andererseits die Verhüllung erkennbar und sichtbar zu machen. Um zu zeigen, wie sich die Verhüllung der Realität im Inneren zugetragen hatte, angesichts einer Notlage.

So arbeiteten im Prinzip alle bewussten „Schlaf- oder Nachträume“ mit mir, oder boten mir als Bote diese Arbeit an: Sie zeigten, was der unbewusste Wachtraum/Tagtraum verhüllte. Sie zeigten, wie ich die Dinge sah und bewertete, wie sich die Dinge von innen nach außen verzerrten und umkehrten, warum ich die Empfindungen und Lebensspuren nicht zuordnen konnte, bzw. sie falsch zuordnete. Und wie es vor sich ging, dass ich all diese Dinge und Spuren mit meinen Augen sah und damit nichts sehen konnte.

Der Überfall kam für mich aus heiterem Himmel, ohne erkennbare Vorboten, der Schuss war gezielt, nicht wahllos, und es gab in Wahrheit keine Ausweichmöglichkeit. Die Flucht in den Nebenraum, wo es eine winzige, rettende Nische gab, die eigentlich zu klein war, um mich in Sicherheit zu bringen, war die Nische in der Psyche. Sie schaffte Überlebensräume.

die Frau….die aus dem Hauptraum flieht…“ Aus dem Tat-Raum, hinein in den Haupt-Traum der Illusion. Hinein in den Schutz-Raum, der so real aussieht. Aus der Traum vom sicheren inneren Ort, aber ohne geht es nicht. Also folgte ein wenig Realitätsumgestaltung….. Kein Wunder, dass der Verstand da oft nicht mitkam, aber es immer wieder hinbog. Denn auf dieser Ebene des Lebens, der vermeintlichen Hauptebene, hatte es so stattgefunden, dass es passte.

Während die Deformation das war, womit ich leben musste. An dem ich so lange leiden musste, im Sinne einer Notwenigkeit, eines Timings, bis ich mir die Sauerei, die dieser Schuss anrichtete, ansehen konnte. Und musste. Alle Verletzungen, die Entstellungen, die Folgen.

 

Beobachtung verändert die Dinge –

Allein das war Heilung, und ist es noch: Immer wieder mein eigener Zeuge zu sein. Heilung und Bewusstsein kommen aus mir selbst, aber nicht von selbst.

Bei vielen solcher Betrachtungen verlinkte es mich aus irgendeinem Grund immer in die Welt der kleinsten Teile. Das musste mit dem „Geistesblitz/der Überfall der anderen Art“ aus 1985 zu tun haben, sowie mit dem im späteren Leben wieder aufflammenden Interesse für die Welt der Kleinsten Teilchen.  Jedoch nur am Rande, nur als Auffrischung, als Erinnerung an ein Prinzip. Sowohl in der Makro wie der Mikrowelt ist unendlich viel Platz auf kleinstem Raum. Viele Dinge entziehen sich der Wahrnehmung. Und die Dinge sind immerzu im Übergang zwischen Energie und Materie. Hier ist beides zusammen, sie switchen quasi zwischen den Gesetzmäßigkeiten. Und ich dachte, ich habe auch damit nichts zu tun, wie mit dem Café der Vergangenheit…

Heute kann ich mir kaum noch vorstellen, wie ich so denken konnte, so fühlen konnte. Aber auch diese Deformation ist wahr. Und das große Vergessen, was Fühlen und Bewusstsein ist.

Apropos Zeit

Dieser Überfall/Übergriff im Leben war relativ kurz. Einer der Gründe, weswegen er aus Gedächtnis und Erinnerung auch relativ schnell verschwand. Es scheint Dinge zu geben, die im Verhältnis zur gelebten Lebenszeit zu schnell und zu kurz sind, um sie für wahr halten zu können. Darin steckte aber das Prinzip der Verharmlosung, weswegen der Traum die Kugel nimmt. Ursache und Wirkung ließen sich nicht mehr dadurch relativieren und abmildern, dass es ja nur relativ kurz war. Treffer ist Treffer. Und Geschoss ist Geschoss.

Es war die Botschaft vieler Träume: Aus der Traum von der Lebensversion, damals mit einem blauen Auge davongekommen zu sein. Aus der Traum von der Rettungsgeschichte, die ich mir erfinden musste, um die Fragmente, die sich nicht löschen ließen, schadlos einzubetten. Oder umzugestalten. Die Löschung war notwendig. Diese und weitere Fragmente waren keine Willkür einer verwirrten Psyche. Sie waren wie die weißen Taschentücher, die man fallen lässt, um die Spur zu finden, wenn man sich wieder auf den Weg macht.

Später kamen all diese Fragmente in den Schlüsselkasten, meinen Schatzkasten.

Exkurs

Das Ich, das ist wahrlich ein komplexes, ausgeklügeltes, ganz und gar erstaunliches System. Vor allem die erstaunliche Fähigkeit zum Ergreifen von Schutzmaßnahmen simultan zum Geschehen. Und der anschließenden, zugegeben etwas länger dauernden Resilienz. Aber es ist auch ein zerbrechliches, empfindsames System mit feinen Antennen. Wenn es dort zu lange und zu sehr wackelt, erschüttert, schmerzt und ängstigt, wenn es auch zu lange dauert, bis jemand zu Hilfe kommt, und wenn ich es irgendwann selbst bin, dann fliegen die Ichs auseinander, durcheinander. Und kommen irgendwann nicht mehr zusammen. Darum hatte ich es auf dieser Traumreise eiliger als ich zum Glück nicht wusste….

Dinge oder Bestandteile eines Geschehens blenden sich wie von selbst aus, aus verschiedenen Gründen. Ein Grund ist schlicht die Schmerzgrenze. Eine andere ist die Grenze der Wahrnehmungsfähigkeit. Aber es gibt offensichtlich mehrere Messgeräte im menschlichen System, um die Realität zu erfassen. Das Unterbewusstsein speichert, das Gehirn, der ganze Körper, das Gefühl. Wer weiß schon, wie die Bandbreite der Erfassung tatsächlich aufgestellt ist und wie sie funktioniert. Und wer weiß schon, wo das eine anfängt und das andere endet….

Einige Messgeräte schalten dann allerdings ab. Es heißt nicht umsonst, Schmerz macht blind, oder Wut oder auch Liebe. Was nicht bewusst wahrgenommen oder kognitiv registriert werden kann, wandert in einen anderen Speicher. Zumindest für eine gewisse Zeit. Es gab also nicht nur Luftschlösser sondern auch die dazugehörigen Zeitschlösser.

2022-09-24T18:40:13+02:00