Traum/Die 2 Flamingos 11./12.8.2017

„Bin in einer Unterrichtsklasse….

Zunächst ist da ein sportlich-jugendlich wirkender Dozent oder Lehrer, etwa um die 50. Es geht hier um eine Mappe, ein Dossier, mit dem wir uns vorstellen sollen. Ich habe mir aus eigener Überlegung, unabhängig von den anderen, sehr viel Mühe gegeben, viel Engagement und Kreativität in dieses Dossier gegeben. Auf einer Seite befindet sich ein selbstgemalter Flamingo. Die Mappen hatten wir zuvor abgegeben, jetzt werden sie uns zurückgegeben, jetzt ist der Moment, wo sie gerade wieder in der Klasse verteilt werden. Da sind mehrere Schüler, die es auch so umfangreich und kreativ gestaltet haben wie ich. Das wird hier schon fast als selbstverständlich vorausgesetzt. Es gibt dafür viel Anerkennung.

Mein Lehrer sagt, dem Gremium/Schulleitung/Lehrerkollegium sei an meinem Dossier aufgefallen, dass es an anderer Stelle einen kleineren, weiteren Flamingo gibt, der sich genau in das größere Bild einfügt. Etwa an der Stelle des eingeknickten Beins. Mir selbst wäre dieser Zufall gar nicht aufgefallen, wundere mich aber über die Analogie nicht großartig. Ich weiß ja um die Beschaffenheit meines Auftrages, weiß ja, was in meinem Sein liegt. Einige besonders inspirierende Auszüge aus den Arbeiten sollen auf freiwilliger Basis zur Verfügung gestellt werden,  irgendwie veröffentlicht werden. Dazu werden diese Auszüge nun wie in einzelnen Paketen wieder eingesammelt.

Zwischendurch gab es einen Konflikt zwischen dem Dozenten und einem der Schüler. Der Dozent zieht hier seine etwas zu lockere bis provokative Seite auf, es mutet nach einer zur Schau gestellten Überlegenheit an. Der angesprochene Schüler springt voll darauf an. Im Grunde tut der Lehrer hier genau das Falsche, oder vielmehr, er unterlässt wider besseres Wissen das Richtige, so dass sie sich nun gegenseitig provozieren und aufschaukeln.

Es wirkt aber auch so, als ließe dieser spezielle Schüler diese Seite beim Lehrer anklingen, als springe auch er auf etwas an. Der Dozent wirkt einerseits souverän, aber diese Souveränität bezieht er mehr aus seiner Stellung als aus sich selbst. Doch er will genau diese Seite zeigen – dass das hier sein Bereich, sozusagen sein Wohnzimmer ist und es nach seinen Regeln geht. Ob es Sinn macht oder nicht. Er will sich präsentieren, aber es unterscheidet sich doch sehr von der Präsentation unserer Dossiers. Es geht so weit, dass der junge Mann aufspringen und gehen will. Ein Wort gibt das andere und am Ende bietet ihm der Schüler an, es handgreiflich auszutragen. Der Lehrer fährt fort in seinem Programm, und sagt sinngemäß etwas wie „Dass sei ja wohl das Letzte…“

Ich bin irritiert und wundere mich über diese Szene.

Dann wechselt es wieder zu den Lebensläufen. Einige unserer Passagen oder Fotos sind so gut gelungen, und wir sind alle damit einverstanden, dies zu veröffentlichen und zur Verfügung zu stellen. Eine Frau kommt an meinem Platz vorbei, sie bemerkt dass ich ziemlich leicht bekleidet dort auf meinem Stuhl sitze. Sie sagt es völlig neutral, mehr so als Hinweis. Wenn ich mich auf bestimmte Art und Weise bewege verrutscht alles und gibt dann Blicke frei. Seltsam, mir ist es gar nicht aufgefallen.

Bei den Dossiers handelt es sich jetzt um schwere Ordner, was eine enorme Schlepperei bedeuten würde, um sich daraus die einzelnen Sachen und Passagen herauszusuchen. Es ist jeweils ein Bild darin, was dafür angedacht ist. Diese Frau von eben, die doch auch eine Dozentin ist, bietet mir an, es ihr stattdessen per Email zu schicken. Warum nicht, denke ich. Aber der Schritt, die Annäherung an diese Frau muss von mir ausgehen. Sie sagt mir ihre Mail Adresse: Naturgabi@123.de Das schreibe ich auf einen Zettel, oder kritzel es mehr, es gelingt mir nicht so gut, das sauber aufzuschreiben. Streiche es wieder durch. Es ist mir etwas peinlich, ich kann es mir nicht merken, (die Adresse) und ich muss noch einmal nachfragen. Zur Sicherheit wiederhole ich es, auch um zu demonstrieren, dass ich mir wenigstens einen Teil gemerkt habe.“

*****

Etwa zwei Jahre nach seinem Auftauchen kam der Traum zurück. Besonders, Gewöhnlich, Einzigartig, Schlüsselkasten – das waren die Begriffe, die er dann irgendwie mitbrachte.

Zunächst schickte mich dieser Traum auf kuriose oder besondere Weise auf eine ganz andere Spur. Das muss ein einzigartiger Weg gewesen sein, den ich heute nicht mehr nachvollziehen kann. Aber es funktionierte. Und so war es oft.

Hierbei ging es um das Thema Zeit und das Ungewöhnliche daran war auch das Gewöhnliche – dass ich ihr nicht auf die Spur kam, weder ihre zentrale Bedeutung noch ihre stetige Präsenz wahrnahm. Obwohl sich die Zeit durch alle Träume zog, sich zeigte und in irgendeiner Weise platzierte.

Zwischen Sommer 2019 und Ende 2021 ist so viel passiert, dass ich oft meinte, es müssten viel mehr Jahre gewesen sein, die vergangen sind…“

Gefühlt schien sich die Dosis danach noch einmal zu verdoppeln. Die Traumreise war auch eine Zeitreise in unbekannter Geschwindigkeit. Die Entfernungen von einer Erkenntnis zu anderen, von einem Bewusstsein zum anderen waren verschieden groß. Es gab die Meilensteine, und es gab auch Lichtjahre. Viele der inneren Distanzen brauchten eine neue Gefühlsdimension.

Diese emotionalen und mentalen Lichtjahre schienen und scheinen tatsächlich anders als gewöhnliche Jahre zu sein. Einerseits legte ich viel Strecke/Informationsverarbeitung zurück, andererseits gingen die Distanzen nicht über eine lange Reisezeit verloren. Alle Stationen waren zu sehen, waren immer im Sichtfeld geblieben und ergaben ein Bild. Das lag gewiss auch an der Zeitraffer-Technik der Träume.

Der Flamingo hatte eine Schlüsselposition,

das wusste ich immer. So viele Schlüssel…..immerhin merkte ich, dass keiner passte während ich versuchte, es passend zu machen. Der Traum enthielt bis dahin noch genug andere Informationen.

Sommer 2022. Das Bild, das ich im Traum schon selbstgemalt hatte und danach noch einmal auf „echtes“ Papier übertrug, berührte mich auf neue Weise.

Als würde das Kleine im Schutz des Großen unterwegs sein, auch was die Übertragung etwaiger Schritte und Kräfte betraf. Eine Verhältnismäßigkeit entstand sowieso erst mit der Entdeckung des zweiten Flamingos. Zwar relativierten sich Dinge damit, aber diesen Begriff konnte ich für mich nicht mehr verwenden. In meinem Kontext bedeutete es, dass ich bestimmte Dinge im großen Stil verharmloste und einen eigenen, realitätsfernen Maßstab setzte, wenn auch relativ unbewusst.

Die beiden Flamingos hatten etwas mit Bewegung, mit Einheit und mit Zeit zu tun. Das Kleinste was ich für mich tun kann, scheint eine Übersetzung ins Große zu haben. Dinge geschahen und geschehen in einer bestimmten Relation. Aber welche in welchem Maße – bleibt ein Geheimnis.

So hatte ich mein Tempo, meine Informationen, meine Befindlichkeiten, mein Vermögen und Unvermögen und das Große entsprechend seine Schritte. Das alles erinnerte mich plötzlich an den sogenannten Geistesblitz, der erste seiner Art, der mir als Teenager wie aus heiterem Himmel in den Kopf kam. „Mikrokosmos/Makrokosmos“.

Mit dem Traum „Die (2) Pferde in der Box“ aus 2020 tauchte diese Zweier Konstellation im Prinzip zum zweiten Mal auf. Aber für mich war es das Erste Mal. Irgendetwas ist also auch immer vorweg/voraus und etwas anderes ist im Verzug. Daher kam ich auch oft mit der Zeit ins Schleudern.

Wenn ich das Erlebte der letzten Jahre richtig übertrug, gab/gibt der kleine Flamingo die Dinge vor. Als wäre er der Taktgeber, der Motor – im Sinne einer Entscheidungshoheit. Diese Reihenfolge oder Ursache-Wirkungs-Prinzip hatte ich als kleiner Flamingo nicht klar genug im Blick. Solange ich über diese Co-Exisitenz nicht im Bilde war.

Wäre es umgekehrt, würde der Kleine mitgeschleift werden, verwirrt sein, nicht mithalten können, schnell am Ende sein. Was für ein Leben…aber es war genau das, was ich zuvor erlebt hatte. Als würde ich von etwas gelebt werden, das gegen mich ist, als würde ich keine Kontrolle haben, immer ins Leere greifen und auch den seltsamen Schmerz nie begreifen können.

Wer folgt wem –

Mein Motor war von Anfang kaputt, falsch eingestellt und diese empfundene Irrfahrt war im Prinzip keine. Gemäß meiner Taktung und Einstellung war dieses Leben eine ganz klare und konsequente Sache. So kam ich in dem Traum „Der Auftrag“ auf geradem Wege, ohne mich verfahren zu können, in der Einöde an. Auch die Endstation dieses Traumes hatte ich erst später erkannt. Jedenfalls bekam ich an diesem Ende den Auftrag, Bilder zu malen. Und im Traum nahm ich an.

Jeder Traum war ein Geschenk, eine Speisung, quasi ein Tropfen oder auch mal eine ganze Tankfüllung neuartigen, gesunden Benzins, um das Leben wieder in eine anderen Richtung zu lenken. Das gab der Große vor, und ich konnte es annehmen oder bleiben lassen. Ich muss präzise sein, er gab es eines Tages vor, es gab einen Schalter, einen Zeitschalter, einen Wendepunkt.

Ohne die Reihenfolge, dass ich das entscheidende Modul in diesem Gespann bin, wäre auch die Freiwilligkeit als das entscheidende Bindeglied dahin. Und damit eine Energiequelle, eine treibende Kraft. Meine Freiheit fällt hier ins Gewicht und die Art, wie ich sie nutze. Und auch all meine Verantwortung, all meine Entscheidungen, die mich ausmachen, würden gar nicht zum Vorschein und zum Zuge kommen. Eine Lunge allein reicht nicht, sie muss auch atmen, ein Herz muss auch schlagen, Beine sich bewegen.

Das Leben hat schon eine spezielle und unglaublich faszinierende Logik.

Die Lehrerschaft

Es brauchte ein ganzes Lehrerkollegium oder besser, ein besonderes Gremium, um mir den Flamingo zu zeigen. Fast fünf Jahre lang. Daraus wurde ein einzigartiger Werdegang, der wieder nichts Ungewöhnliches war, wenn ich mich mit der Zeit an die Besonderheit des Lebens gewöhnte. Und ein voller Schlüsselkasten nützte nichts, wenn ich immer nach denselben Schlüsseln griff.

Der besondere Lehrer

Das kleine Ego, der große Verlust. Die Lebensjahre, die Erfahrung, der natürliche Vorsprung – zunichte gemacht. Für diesen Lehrer war es schon ein Verlust, wenn ihm etwas ebenbürtig war. So konnte ich mir nicht helfen, mir nichts Neues zeigen. Diese Lektion war und bleibt nicht leicht, denn immer wenn ich diesen Lehrer in mir entdecke, ist es entsprechend unangenehm. Aber besser so, als wenn ich ihm freie Hand ließe. Ich kann ihn nicht ausrotten, er ist ein Teil von mir und es muss schließlich einen Grund haben, dass er Teil des Gremiums ist.

Der besondere Schüler

Das Folgsame, das Unerfahrene, Gelehrige, das nicht weiß warum ihm wie geschieht. Der Teil, der noch keine Worte hat, unsicher ist, ob er sich wehren darf oder etwas über sich ergehen lassen muss. Der Teil, der sich unterlegen empfindet, weil ein anderer sich überlegen gebärdet. Wenn ich diesen Schüler vergraule oder kaputt mache, habe ich ein Teil meines Potentials verloren. Ich muss mich immer mitnehmen.

Die Naturgabe / das besondere Potential

kommt ganz anders auf mich zu. Es tritt irgendwann in Erscheinung, nähert sich, stellt sich vor. Aber ich muss den zweiten Schritt tun, bzw. ihn vervollständigen. Der Flamingo kann auf einem Bein ganz ausgezeichnet stehen.

Diese Gabe hat einerseits einen besonderen Zugang, andererseits eine ganz gewöhnliche Adresse. Das Selbst und die Selbstbeobachtung. Wie das geht, das zeigte mir diese Gabi. Sie machte es direkt und auf eine Art, die mich nicht vorführte sondern abholte, aufmerksame machte. Gerade weil es um sensible und intime Bereiche ging, wo die Dinge zwischen Selbstschutz und ungewollter Entblößung schon mal verrutschen. Ein spezielles Thema im Umgang mit mir selbst war eine erlernte Fahrlässigkeit, eine erlernter Mangel an Selbstfürsorge. Das waren Stellen, die ich nicht gut einsehen konnte. Aber so war es möglich.

 

Fortsetzung folgt

 

2022-08-26T21:53:15+02:00