Traum Die Such-Show/2018

Foto Pixabay

„…Im Gewühl hatte eine Frau ihr Kind verloren und sie schaute nun überall schwangeren Frauen auf den Bauch…als hätte es sich dort hin versteckt, verkrochen….Daraus wurde eine mehrteilige oder sich fortsetzende witzige und unterhaltsame Show. Es wirkte so, als würde diese Frau, die dabei recht souverän wirkte, von einer Kamera oder einem Kamerateam begleitet. Diese Show war wirklich gut gemacht und eroberte/begeisterte die Menschen..“ 

Der erste Eindruck nach diesem Traum war positiv, schmeichelhaft, ich nahm das Besondere und Erfolgreiche der Kulisse wahr. Ich wusste nicht was ich sehe, wie so oft. Auch weil ich es nicht wirklich fühlte sondern etwas fühlte, was auf der Wellenlänge des Verstandes lag. Ich fühlte etwas, was der Verstand produziert und entworfen hat, also stimmte hier etwas überein, welch ein Wohlgefühl.

Mir die Absurdität zu zeigen, wie ich es schaffte, die Absurditäten immer wieder zu übersehen, das vermochten wahrlich nur die Träume. Sie waren – und sind – die Instanz, die sämtliche Instanzen enthalten, die die Dinge sehen, wie sie wirklich sind. Dass der Verstand das nicht kann, das konnte ich nicht einmal denken.

Wozu die Träume imstande sind, das wusste ich ja auf eine Art. Doch dass sie mir immer wieder zeigten, dass etwas mit meinem Verstand nicht stimmte, er in Gefahr war, das konnte ich lange nicht erkennen. Womit auch.

Wie ich den Traum sah und empfand:

Diese Frau fiel doch nicht negativ auf, im Gegenteil, sie war normal attraktiv, gut gekleidet, sie war doch unter Menschen und dazu in einer wichtigen Mission unterwegs. Sie war vielleicht etwas eigen aber der Traum stellte sie weder lächerlich noch dumm dar. Sie und ihre Show strahlten eine gewisse Souveränität aus, eine liebenswerte Verschrobenheit und dazu eine ungewollte Komik….

Mit diesem Schauspiel, dieser Show war ich erfolgreich, hatte mich damit identifiziert. Daher fühlte ich mich auf diesem „Foto“ so gut getroffen. Diese dünne Oberfläche, die mich immer tiefer nach unten zog, war im Prinzip Gegenstand der Traumreise, Inhalt meiner eigenen Gegen-Mission. Diese Oberfläche, die mein Leben war, hatte mehrere Schichten, die von unterschiedlicher Struktur waren. Oder einfach gesagt – auch eine Fehlkonstruktion ist eine Konstruktion, sie hat ihren in sich logischen Aufbau. Aber ich kann mich nicht einfach einreißen, mich abreißen wie ein Haus, von dem nur noch Schutt und Asche übrigbleibt. Genau das musste sein und sollte aber nicht passieren.

So kam dieser Traum auf eine Art relativ spät zum Vorschein, nach etwa 6 Jahren Traumreise. Es ließe sich auch sagen, er kam nun zum Tragen, da ich inzwischen ein Fundament aufgebaut hatte.

(Die Erkenntnis, dass ich nach etwa 5 1/2 Jahren Traumreise erst bei Null angekommen war, war ein eigenes, relativ erschütterndes Kapitel.)

Zwar stand ich weiterhin vor meiner großen Illusion und träumte weiterhin mein Leben der Unversehrtheit, doch ich hatte jetzt einigermaßen Boden unter Füßen. Die meisten Wege wieder nach ganz unten waren geschlossen. Die meisten. Liegenbleiben indes konnte ich auch immer noch. Dieser Traum öffnete ein neues Kapitel.

Nach diesem ersten Eindruck, der Sichtung der Oberfläche, kam es ein paar Monate später zum zweiten Eindruck. Der Traum meldete sich zurück. So war es im Prinzip mit allen Träumen.

Egal wie kurz, wie lang und wie intensiv ich mich mit ihnen beschäftigte, es gab immer die Stelle, an der ich loslassen musste. Jede Information war im Prinzip wie ein Stück Nahrung, auf dem ich nicht ewig herum kauen konnte, ich musste es dem Verdauungstrakt und der Zeit übergeben. Davon wusste ich natürlich nichts, aber ich ließ es auf natürliche Weise geschehen. Wohl war mir dabei meistens nicht, denn der Verstand war in diesem Punkt wie ein vornehm angezogener Gierlappen, verlangte nach greifbaren Lösungen, nach Ertrag, nach Ernte gleich nach der Saat. Alles Nährboden für Vorschuss, Kredit und Erfindungsdrang.

Wenn ich nicht warten konnte, würde ich eines Tages keine Zeit mehr haben.

Der Weg ins Problembewusstsein war unterschiedlich lang und unterschiedlich gefährlich. Es hingen zu viele Dinge dran, an denen ich hing. Aber hier lag auch irgendwo das verschollene Gefühl für mich selbst und da wollte ein Teil von mir hin, koste es was es wolle. Denn das war der Gegenspieler: Der Überlebensdrang des Seins.

Mit jedem Traum, dem ich mich widmete, dem ich sein Geheimnis entlocken wollte, sagte ich „Ja“ zu etwas, das ich nicht abschätzen konnte. Das Loslassen und das Vergessen war im Prinzip die größte Ehre, die größte Anerkennung, die ich ihnen und damit mir selbst geben konnte. Denn auch dieses Vergessen ereignete sich nur an der Oberfläche, während das Sein so sein konnte wie es war.

Wir kamen uns immerzu entgegen, das Leben und ich. Die Antwort machte sich auf den Weg, wenn ich sie anforderte – nicht wünschte. Wenn ich sodann die Regeln des Lebens beachtete, den Lektionen und Wegen folgte, die sich ergaben. Dazu musste ich sie nicht kennen, aber irgendwie erfühlen, spüren, insbesondere, wo es nicht weiterging.

Alles, was mit Gewalt zu tun hatte, zum Beispiel Lösungen durch ständiges Denken erzwingen wollen oder Träume mit allen Mitteln aufbrechen wollen wie eine widerspenstige Nuss…..das war nicht das Leben. Aber eingefahrene Spurrillen zu verlassen, zu enge Räume und alte Gewohnheiten und Grenzen zu sprengen, war ohne Kraft und Gegengewalt nicht zu schaffen. Auch Gleichgültigkeit war nicht das Leben, und so wurde es immer wieder Zeit, den Dingen gegenüber gleichgültig zu werden, die nicht das Leben sind.

Jedes Mal machte ich mich erneut auf den Weg, unzählige Male. Was sollte ich sonst tun, wohin sollte ich sonst hingehen wollen? Das wurde immer mehr das Lebensgefühl, nicht ohne eine Spur Verzweiflung, doch auch mit dieser Kraft bewegte ich mich nun in Richtung Leben. Der Umkehrschluss, oder die Konsequenz, gegen die ich mich mit aller Macht bewegte, blieb mir auf wundersame Weise noch eine ganze Weile verborgen.  

Die zweite Begegnung fiel nun anders aus. Der „Erfolg“ der Show….

lag in der guten Tarnung und einer unglaublichen Glaubwürdigkeit. Ich hatte sie mir schließlich selbst geglaubt. Wie es sich für eine gute Show gehört, hatte sie einen den gewissen Unterhaltungswert und der musste bezahlt werden. Dieser „Wert“ wurde direkt von meinem Selbstwert abgezogen, meiner Würde für mich selbst sowie meiner Lebensenergie. Das hätte ich nie gedacht. Das Denken war eh ein Problem.

Meine Verzweiflung hatte ich zwar immer gespürt, wahrgenommen, aber sie auch erfolgreich umgewandelt, versch(r)oben und an den unmöglichsten Orten versteckt. Jetzt sah ich auch, dass ich die wahre Traurigkeit und Einsamkeit nie finden konnte, solange ich sie in meinen oberflächlichen Dramen vermutete. Der Traum entwarf ein absurdes Bild, aber ich war viel zu lange nicht fähig, es zu realisieren. Mein Verstand war nicht nur keine große Hilfe, er war auch der Grund, dass das Absurde überhaupt funktionierte. Wir hatten schwere Zeiten, mein Verstand und ich aber mir war auch klar, er war es, mit dem ich all das schreiben und lesen konnte. Und auch übersetzen, übertragen….

Ziel und Inhalt dieser Show war die Suche, nicht das Finden. Die Suche nach dem verlorenen Leben wäre ewig so weitergegangen. Ich liebte die Suche und wollte nur finden, was nicht wahr war.

Nun fiel ich in eine tiefe Traurigkeit und ich glaube, es war das erste mal, dass ich wirklich um mich weinte, weil ich mich zum ersten mal so sah. Das Gefühl des Selbstmitleids war inzwischen gestorben, die wahre Trauer um mich und mein Leben kam zum Vorschein. Ich dachte, ich konnte schwimmen, aber in diesen tiefen Gefühlen lernte ich erst schwimmen. Ich hatte das Gefühl, mich die ganze Zeit allein und im Stich gelassen zu haben, zugleich wusste ich, ich konnte nicht anders, ich war nicht fähig. An dieser Stelle änderte sich viel, als stellte sich eine Weiche neu.

Aber eines hatte ich noch immer übersehen, die Ausweglosigkeit.

Die würde ich erst erkennen, wenn ich ein Stück auf dem neuen Weg war.  Es ist seltsam aber in erster Linie faszinierend, den Weg im Rückblick zu sehen. Im Rückblick eine Zukunft zu sehen oder einen Zusammenhang zu kennen, den ich nicht sah. Den es bis zu diesem Punkt auch gar nicht gab.

Die dritte Begegnung mit dem Traum ereignete sich etwa 3 Jahre später. Neben der Ausweglosigkeit übersah ich auch wieder einmal die Ausläufer und die Anfänge des Wahns, übersah den Weg in den Wahn. Und der führte überall hin, nur nicht ins Leben. Ihm kam ich innerhalb dieser 3 Jahre noch näher als mir lieb und bewusst war.

Nein, der Verstand kann hier nicht helfen, nicht eingreifen, nichts merken oder erkennen. Er ist die Grundlage, das Parkett für den Wahn.

2024-04-22T18:15:33+02:00